Die Drei Prinzipien: Zu simpel – oder genau das, was wir brauchen?
Kann eine Theorie, die in drei Worten zusammengefasst werden kann, wirklich die komplexen Krisen unseres Lebens erklären? Die Drei Prinzipien behaupten genau das – und ernten dafür sowohl begeisterte Anhänger als auch harsche Kritik.
In dieser Episode schaue ich mir mit Michael Imas diese Kritik-Punkte genauer an. Wir diskutieren, warum das Verständnis von Denken als „Substanz unserer Realität“ so radikal ist, welche moralischen und ethischen Fragen dabei entstehen und was passiert, wenn wir bei Themen wie Trauma, Krieg oder Verbrechen sagen: „Es sind nur Gedanken.“
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Die Drei Prinzipien (3P) – Geist, Bewusstsein und Gedanke – sind in der Coaching-Welt mehr als nur ein Trend. Sie stellen eine tiefgreifende philosophische Lehre dar, die unser Verständnis von psychologischem Wohlbefinden und der Entstehung unserer Realität fundamental infrage stellt. Der Kerngedanke: Unsere gesamte Erfahrung wird von innen nach außen (Inside-Out) durch die kreative Kraft des Denkens erschaffen.
Doch diese einfache Formel erntet oft Kritik. Ist ein solch reduziertes Verständnis ausreichend, um die Komplexität menschlicher Existenz zu erfassen?
Der Vorwurf der Simplifizierung
Für viele Beobachter wirkt die Konzentration auf die Drei Prinzipien wie eine naive Simplifizierung. Wenn Stress, Angst und Niederlagen lediglich Produkte unseres momentanen Gedankenzustands sind, könnten große Lebenskrisen oder chronisches Leid als leicht abstellbar missverstanden werden.
Hier liegt der Irrtum: Das Verständnis ist simpel, aber nicht oberflächlich. Die Lehre ist kein Werkzeug, das man „anwendet“, sondern eine Beschreibung der Funktionsweise des menschlichen Geistes. Es geht nicht darum, Gedanken zu kontrollieren oder wegzudenken. Es geht um die tiefgreifende Erkenntnis, dass Gedanken flüchtig sind und unsere emotionale Erfahrung kontinuierlich im Wandel begriffen ist.
Wer diese Inside-Out-Natur der Erfahrung verinnerlicht, findet inmitten des Chaos eine inhärente Ruhe.
Gedanke als Realitätssubstanz
Die wahre Tiefe der Drei Prinzipien liegt im Verständnis des Gedankens selbst. Es ist nicht nur ein Prozess, sondern die eigentliche „Knetmasse“, die die Substanz unserer momentanen Realität formt. Wenn wir einen stressigen Gedanken haben, erleben wir Stress, weil der Gedanke in diesem Augenblick unsere Realität ist.
Diese Perspektive ist radikal: Sie verschiebt die Ursache des Leidens von den äußeren Umständen komplett in das eigene kognitive Erleben. Hierbei zeigt sich jedoch auch die ethische Grenze dieser Lehre.
Ein Beispiel aus der Praxis
Michael Imas, Musiker und Philosoph, beschreibt seine erste Begegnung mit den Drei Prinzipien so: Als er in einem Kurs von Michael Neill zum ersten Mal hörte, dass jeder Mensch im Kern ganz ist, langweilte ihn das zunächst so sehr, dass er nebenbei im Internet surfte. Doch genau in diesem Moment – ungefiltert, ohne die Intention, etwas verstehen zu müssen – erwog er zum ersten Mal seit seiner Kindheit, dass er wirklich ganz sein könnte.
Die Erfahrung fühlte sich leicht an, durchzog seinen ganzen Körper. Es bedeutete nicht sofort, dass es wahr war, aber es öffnete eine Tür: „Da ist irgendwas, da will ich weiter hingucken.“
Genau das beschreibt die Kraft dieses Verständnisses: Es wirkt nicht durch Anstrengung, sondern durch Einsicht.
Die unbequeme moralische Frage
Die schärfste kritische Frage, die sich jedem stellt, der sich intensiv mit den Drei Prinzipien auseinandersetzt, ist die nach der moralischen Implikation. Wenn Leid ausschließlich durch unseren inneren Gedankenzustand erzeugt wird, was bedeutet das für die Erfahrung von Opfern, die massive Ungerechtigkeit, Gewalt oder existentielle Schicksalsschläge erleben?
Diese Kritik ist berechtigt und essenziell. Die 3P beschreiben die Mechanik der Erfahrung – wie ein Gefühl entsteht. Sie dürfen jedoch niemals als Rechtfertigung oder Relativierung für moralisches oder juristisches Unrecht dienen. Die Lehre liefert keine Entschuldigung für das Verhalten eines Täters; sie bietet dem Betroffenen aber einen Weg zur Erkenntnis, dass die Fähigkeit zur inneren Heilung unabhängig vom äußeren Schaden existiert, da der Kern des Geistes stets unversehrt bleibt.
Vertrauen in die innere Weisheit
Das ultimative Ziel dieses Verständnisses ist die Wiederherstellung des Vertrauens in die eigene, ungestörte innere Weisheit. Unser System als Ganzes besitzt einen weitaus größeren Überblick über das, was „richtig“ und „sinnvoll“ ist, als es unser momentaner, gestresster Verstand wahrnehmen kann.
Die Drei Prinzipien laden uns ein, uns weniger auf die Form und mehr auf die Quelle unserer Erfahrung zu konzentrieren. Sie sind keine schnelle Lösung, sondern eine tiefgreifende Erklärung. Und diese Erklärung – so simpel sie klingen mag – könnte genau das sein, was wir brauchen, um in komplexen Zeiten zur Ruhe und Klarheit zurückzufinden.
Fazit: Eine Einladung zum Hinterfragen
Die Drei Prinzipien sind weder eine Wunderlösung noch eine gefährliche Simplifizierung. Sie sind eine Perspektive – eine, die einlädt, die Funktionsweise unseres eigenen Geistes ehrlich zu hinterfragen.
Lass einen Kommentar da. Was denkst du: Zu simpel – oder genau das, was wir brauchen?
Über Michael
Michael Imas ist Musiker, Pianist, Philosophiestudent und Coach mit einer Leidenschaft für die großen Fragen des Lebens. Seit 2017 erforscht er die Drei Prinzipien und deren philosophische Tiefe.
Als Host des Podcasts „Beyond Skepticism“ lädt er Koryphäen und bekannte Stimmen der Three Principles Community zu kritischen, ehrlichen Gesprächen ein. Michael verbindet künstlerische Sensibilität mit philosophischer Schärfe und scheut sich nicht, unbequeme Fragen zu stellen.
Youtube: https://youtube.com/playlist?list=PLANIcjVD5olmtIGMno9rAlglkIQv071qr&si=2gRuy_AeHivyc9A0
Substack: https://michaelimas.substack.com/
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