Als ich ungefähr 30 Jahre alt war, bekam ich die Möglichkeit einige Monate in Brasilien zu leben und zu arbeiten. Ich zögerte nicht lange und saß bereits 3 Wochen nach dem Angebot im Flugzeug nach Porto Allegre, einer wunderschönen Stadt im Süden Brasiliens.

1772 wurde Porto Allegre von portugiesischen Einwanderern gegründet, im 19. Jahrhundert kamen viele Deutsche, Polen und Italiener in die Stadt und ließen sich dort nieder.

Mein Eindruck in den ersten drei Wochen war daher genau dieser: Ich befand mich auf der anderen Seite unseres Planeten und doch hatte ich das Gefühl im Süden Europas zu sein. Die Menschen sahen so aus, die Sprache war ähnlich und auch die Straßen und Häuser erinnerten mich an Städte in Südeuropa.

Es bedarf weiterer drei Wochen, als ich erkannte: Nein, hier ist so gar nichts, wie in Europa. Denn die Mentalität der Brasilianer, die Politik in diesem Land und auch die Probleme, aber auch die Möglichkeiten, sind so ganz anders als in Europa.

Für Brasilianer*innen ist es unter anderem ganz selbstverständlich, dass sie am Montag zeitig in der Früh in ein Flugzeug steigen und tausende Kilometer quer durchs Land fliegen, um zu ihrer Arbeit zu gelangen. In Europa ist es schon manchmal ein No-Go, wenn die Anreise eine Stunde mit dem Auto oder Zug dauert.

Wenn Menschen in Brasilien gegen die Politik protestieren, dann passiert das mit viel Musik und Gesang. In meinen Augen glich das mehr einem Fest als einer wütenderen Kundgebung.

In Brasilien leben Millionen Menschen in Holzbaracken ohne Strom und Wasser, in unmittelbarer Umgebung von 5-Sterne Hotels und 3-Hauben Lokalen.

Jeden Tag fuhr ich an diesen Favelas vorbei und wunderte mich. Wie kann es sein, dass so viele Menschen kein ordentliches Dach über dem Kopf haben? Wieso werden nicht kleine Häuser gebaut und Strom und Wasser eingeleitet? Wieso unterstützt an diese Menschen nicht mehr?

Die Gründe, warum das so ist, sind vielfältig und sicher nicht leicht erklärbar.

Was ich jedoch in dieser Zeit lernte war, dass auf dieser Erde so viel mehr möglich ist und es so viel mehr gibt, als es mit meinen Vorstellungen vereinbar war. Und erst als ich meine Vorstellungen aufgegeben habe, konnte ich das Land und die Menschen wirklich spüren und die Schönheit, die Vielfalt und auch die Andersartigkeit erkennen, verstehen und schätzen lernen.

Über Möglichkeiten hinausdenken

Wenn wir in unserem Business (und im Leben) von Möglichkeiten reden, dann sprechen wir zumeist von Situationen, die wir bereits kennen und uns vorstellen können.

Wir erstellen Listen über alle jene Dinge, die uns bekannt sind. Wir reden mit Personen, die ähnlich ticken, wie wir. Wir akzeptieren fremde Gedanken, Ideen oder Vorschläge nur insoweit, als sie mit unseren eigenen Ansichten und Vorstellungen überein stimmen.

Reden wir also von Möglichkeiten, dann meinen wir im Normalfall unterschiedliche Alternativen von ein und demselben. Von dem, was wir immer schon dachten und immer schon taten.

Was aber ist mit all den Dingen, die wir uns nicht vorstellen können? Was ist mit diesem riesigen, unbekannten Feld, in das wir nie steigen, weil wir uns nur daran festhalten, was wir schon kennen und somit auch denken können? Was ist mit der unendlichen Welt abseits von unseren begrenzten Vorstellungen?

Die Angst vor Möglichkeiten

Als ich mich selbstständig machte, hatte ich eine ungefähre Vorstellung, was mich erwarten würde. Was ich im ersten Jahr allerdings erlebte, war jenseits jeglicher Vorstellung. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, wie viele neue Dinge und unglaubliche Menschen ich in einem Jahr kennenlernen würde. Alles war neu für mich, hielt so gar nicht mit meiner Vorstellung stand, war so viel größer und besser.

Damals konnte ich mit all diesen neuen Möglichkeiten nicht umgehen. Ich glaube gar nicht, dass sie mich tatsächlich überfordert hatten, ich wusste damals nur nicht, dass ich mich in dieses Meer von Neuem und Unbekannten einfach hätte fallen lassen können und mich das Leben auffangen würde. Viel zu groß war meine Angst. Angst davor Fehler zu machen und natürlich Angst davor zu scheitern. Viel zu sehr dachte ich, ich müsste alles unter Kontrolle haben.

Dann doch lieber die Zügel wieder fest in die Hand nehmen und sich auf ein Gebiet begeben, das mir bekannt war: Stress und Druck. Das kannte ich seit vielen Jahren, damit kannte ich mich aus, da fühlte ich mich zu Hause.

Also tat ich, was ich immer tat. Ich zweifelte an mir, redete mir ein, nicht gut genug zu sein und überzeugte mich davon, dass ich keine gute und erfolgreiche Unternehmerin war.

Und es führte dorthin, wo es immer hingeführt hatte: zur Unzufriedenheit, zur Überlastung, zum Burnout.

Wahre Möglichkeiten erkennen wir, wenn wir Dinge, Menschen und Situationen so sehen, wie sie sind und nicht so, wie wir sie uns vorstellen. 

MÖGLICHKEITEN beginnen, wo unsere Vorstellungen enden

„Wenn etwas realistischerweise passieren kann, dann handelt es sich um eine Möglichkeit.“ So steht es im Duden.

Aber „Möglichkeit“ ist so viel mehr. Denn wenn sie „realistischer“ Weise geschehen kann, dann befinden wir uns immer noch in unseren Vorstellungen und Geschichten. Wir engen uns ein und gehen nicht über eigene Grenzen hinaus.

Sich in Möglichkeiten fallen zu lassen, bedeutet unsere eigenen Vorstellungen und Grenzen hinter uns zu lassen und in ein unbekanntes Feld zu steigen.

Viele schrecken vor dem Unbekannten zurück. Sie haben Angst sich auf etwas einzulassen, das sie nicht kennen. Sie bleiben lieber in bekannten Gefilden. Das mag zwar nicht sehr angenehm, manchmal stressig und auch langweilig sein. Aber dafür ist es bekannt. Da können sie sich vorstellen, was passieren wird und werden nicht überrascht. Nicht negativ, aber auch nicht positiv.

Um jedoch das Reich der Möglichkeiten betreten zu können, müssen wir uns von unseren Vorstellungen und Sichtweisen, wie die Welt ist und wie sie sein soll, verabschieden. Wir müssen die Zügel loslassen und Dinge, Menschen und Situationen so sehen, wie sie tatsächlich sind. Und nicht so, wie wir sie uns vorstellen oder gerne hätten.

Möglichkeiten sehen und erkennen, kann sich auf verschiedenste Art und Weise zeigen:

  • Wir haben frische oder originelle Idee,
  • wir sehen etwas in einem neuen Licht,
  • wir lesen zwischen den Zeilen und erkennen den tiefergehenden Sinn eines Artikels,
  • wir sehen neue Wesenszüge an anderen Menschen,
  • wir betreten komplett neue Wege,
  • wir erkennen, was wir wirklich wollen,
  • wir sehen Menschen und Situationen, so wie sie tatsächlich sind.

Betrete das Reich der Möglichkeiten

Ist dir eines der obigen Beispiele schon einmal passiert? Du hast plötzlich den tieferen Sinn von etwas erkannt, hast einen Menschen mit neuen Augen gesehen, hattest eine neue Idee, die scheinbar aus dem Nichts kam?

Genau in diesem Moment hast du das Reich der Möglichkeiten betreten. Du hast dich von deinen Vorstellungen verabschiedet, warst offen für Neues und hast dieses auch zugelassen. Und genau in diesem Augenblick, in dem du losgelassen hast, verändern sich deine Gedanken, deine Gefühle und dein Verhalten.

Solange wir an unseren Vorstellungen festhalten, wie etwas oder jemand zu sein hat, sperren wir die Türe zu. Jeden Tag sehen wir dann nur das, was wir schon kennen. Darüber ärgern oder freuen wir uns.

Lassen wir jedoch unsere Ängste und Sorgen, Vorstellungen und Überzeugungen los, dann kann uns das Leben überraschen. Dann betreten wir neues Terrain und alles wird mit einem Mal neu und lebendig. Chancen tun sich auf, wo wir davor keine gesehen haben. Wir lassen alte Muster hinter uns, verändern unser Denken, werden flexibler, offener, kreativer, einfühlsamer, nutzen unseren gesunden Menschenverstand und unsere innere Weisheit.

Und dann ist ganz viel möglich. Auch das, was bis dahin unmöglich erschien.

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