Wie fühlt sich Erfolg an?

Wir rennen, so schnell wir können. Atemlos vor Anstrengung und mit pochendem Herzen. Doch ganz gleich, wie schnell wir rennen, er ist immer noch schneller. Kaum glauben wir, ihn eingeholt zu haben, ist er schon wieder weg.

Aber was genau jagen wir da? Was ist dieses Ding, das wir Erfolg nennen? Wie sieht es aus? Wie greift es sich an? Wie fühlt es sich an?

Die unendliche Suche nach Erfolg: Eine Selbstreflexion

Für mich war Erfolg immer wichtig. Bei mir war es tatsächlich lange so, dass ich dachte, ich wäre um so vieles glücklicher und zufriedener, wenn ich erfolgreich wäre. Dafür habe ich eine Menge getan. Ich habe Ausbildungen absolviert, Karriere gemacht und viel Geld verdient.

Aber dieses Gefühl „jetzt bin ich erfolgreich und damit zufrieden“ hat sich nie eingestellt.

Wieder mal auf der Suche nach Erfolg, habe ich mich vor einigen Jahren hingesetzt und eine Aufstellung gemacht. Woran erkenne ich meinen Erfolg?

Ich habe die Aufstellung in verschiedene Bereiche eingeteilt: Unternehmertum, Partnerschaft, Gesundheit, Wohnen, Netzwerk, Finanzen, Freude, persönliches Wachstum.

Dann habe ich aufgeschrieben, was ich in den einzelnen Bereichen gerne alles erreichen möchte, um mich erfolgreich zu fühlen.

(Wenn du möchtest, stoppe hier und mache die Übung selbst. Nimm dir ein Blatt Papier, schreibe in der Mitte „Erfolg“ auf und dann, wie bei einer Mind-Map, schreibe deine wichtigsten Kategorien auf und von dort weg, alles, was du in diesen Bereichen gerne erreichen möchtest und woran du für dich erkennen würdest, dass du erfolgreich bist).

Ich schrieb und schrieb. Mein Blatt wurde immer voller und voller. Nach einer Zeit blickte ich auf meine Kreation und der Anblick erschlug mich.

„Wenn ich das alles erreichen muss, damit ich mich erfolgreich fühle, dann werde ich mein Leben lang diesem Gefühl nachjagen“

Denn, sind wir uns ehrlich: Es wird immer einen Bereich geben, in dem es mal besser läuft und ein anderer, in dem es schlechter läuft. So ist das Leben. Ein ständiges Auf und Ab.

Erfolg ist nur ein Wort

Und dann hatte ich eine Erkenntnis: Erfolg ist nur ein Wort.

In dieses Wort kann ich alles und nichts packen. Je nachdem, wie ich es gerade bewerte. Was ich heute als erfolgreich betrachte, kann für mich morgen als Scheitern aussehen. Und was ich als Scheitern sehe, ist für dich vielleicht der Erfolg schlechthin.

Wir alle schauen immer mit einem Filter in die Welt, als ob wir eine undurchsichtige Brille auf der Nase hätten. Manchmal hat diese Brille dunkle, schwarze Gläser und mal ist es eine mit rosarot gefärbten Gläsern.

Was ist dann die Wahrheit?

Das war für mich eine große Erkenntnis.

Nach einer Weile kam der nächste Gedanke:

Wie genau fühlt sich dieses „erfolgreich sein“ eigentlich an?

Wie fühlt sich Erfolg an?

Hast du dir das schon mal überlegt: Wie fühlt sich Erfolg für dich an?

Oder dich gefragt, wie du dich fühlen möchtest, wenn du ein Ziel erreichst?

Vermutlich nicht.

Denn, wenn wir uns Ziele setzen, dann geht es meist um das WAS – was möchte ich erreichen. Und wenn es um das „Wie“ geht, dann eher darum, wie wir das Ziel erreichen können.

Aber wir fragen uns nie, wie wir uns fühlen wollen, wenn wir das Ziel erreicht haben.

Derweilen ist das Gefühl, das Einzige, was wir haben und jemals bekommen werden.

Die Frage nach dem Gefühl habe ich vor einiger Zeit einer Kundin in einem Coaching gestellt. Sie erzählte mir, dass sie noch erfolgreicher und besser in ihrem Business werden möchte.

Dafür tut sie auch sehr viel. Sie steht zeitig in der Früh auf, um in Ruhe ihre Projekte zu erledigen. Sie macht Pläne, die sie weiterbringen sollen. Sie liest viele kluge Bücher, macht laufend Ausbildungen, sie will sich ja weiterentwickeln.

Und doch – so denkt sie – ist sie bis jetzt nicht dort, wo sie sein sollte. Sie will besser und erfolgreicher werden und schon längst am Ziel sein.

Dann fragte ich sie: Wie fühlt sich dieses „besser, erfolgreicher, am Ziel“ an?

„Na ja, dann habe ich genügend Geld am Konto.“

Ja, schon, aber wie fühlt es sich an?

„Dann brauche ich mich nicht um neue Kund:innen bemühen, die kommen einfach zu mir.“

Ja, okay – aber wie fühlt es sich an?

„Hmmmm …. Keine Ahnung …“

Ein Gefühl ist das Einzige, was wir haben und jemals bekommen.

Jenseits von Zahlen und Anerkennung

Wir jagen einem Konzept in unserem Kopf hinterher. Wir müssten noch … besser, erfolgreicher, anerkannter, schöner, reicher … werden, dann …

Nur dahintersteckt ein großes Problem. Erfolgreicher, besser, schöner, schlanker, anerkannter, reicher ist keine Zahl auf einem Bankkonto oder eine Ziffer auf einer Waage.

Es sind keine Kund:innen, die vor der Türe Schlange stehen und keine Menge, die einem begeistert zujubelt, weil wir so großartig sind.

Was wir suchen, ist ein Gefühl. Und schauen wir ganz genau drauf, dann ist es auch nur ein einziges Gefühl: Wir möchten uns gut fühlen, bei dem, was wir tun und sind.

Wenn wir aber nicht wissen, wie sich dieses Gefühl anfühlt, dann wissen wir gar nicht, wonach wir suchen. Und wenn wir nicht wissen, wonach wir suchen, wie sollen wir es dann jemals finden?

Wir rennen dem Erfolg hinterher, als wäre er ein Ziel, das wir erreichen können. Aber Erfolg ist kein Ziel in der Ferne. Es ist ein „Ort“ in dir.

Kein Ort, ZU dem du hin musst, sondern ein Ort, VON dem aus du lebst und arbeitest.

Zufriedenheit ist ein innerer Zustand

Es ist ein Gefühl von Freude, Begeisterung und innerer Zufriedenheit. Es ist ein Gefühl, das wir nur in uns selbst finden können und das immer in uns ist. Nicht morgen oder übermorgen, nicht, wenn wir irgendetwas erreicht haben. Sondern jetzt, hier und da.

Fühlen wir uns nämlich jetzt nicht erfolgreich, dann fühlen wir es auch später nicht.

Es spricht nichts dagegen, Ziele zu haben und diese erreichen zu wollen. Das hält uns lebendig, das spornt uns an. Aber wenn wir diese Ziele mit innerer Zufriedenheit und mit unserem eigenen Wert verbinden, dann wird es mühsam und anstrengend.

Wir haben dann ständig eine Karotte vor der Nase, der wir hinterherjagen und die wir doch nie erreichen. Springen ins Hamsterrad, dem wir doch eigentlich entfliehen wollen. Wie ein Hund, der versucht seinen Schwanz zu fangen, rennen wir einer Illusion nach.

Zu wissen, wie sich das anfühlt, wonach wir eigentlich suchen, ist der erste Schritt, um das auch zu erreichen.

Der Zweite ist, zu erkennen, dass wir das schon sind und haben, wonach wir so sehr suchen.

Bis es so weit ist, bleiben wir weiterhin auf einer endlosen und sinnlosen Jagd.

Alles Liebe

2 Comments

  1. Ralf 12. Juni 2022 at 11:26 - Reply

    Hallo Silvia,
    wie passend, vor ca. 1 Woche hatte ich eine Erkenntnis die mein ganzes Berufliches Leben total auf den Kopf gestellt haben.

    Ich habe gemerkt, das selbst Scheitern ein riesen Erfolg sein kann.

    Dies hat alles so befreit.

    Der wirkliche Erfolg ist die Erkenntnis welche man aus jedem Moment gewinnen darf.

    Grüße Ralf

    • Silvia Chytil, M.Sc. 13. Juni 2022 at 10:15 - Reply

      Lieber Ralf,

      ach, wie schön!

      Ja, es ist so witzig – wir haben von Erfolg so ein „klares“ Bild, wie er zu sein hat und dann sehen wir plötzlich, dass es auch ganz anders sein kann.
      Finde ich großartig und freue mich sehr für dich, dass du diese Erkenntnis hattest!

      Schicke dir ganz liebe Grüße!
      Silvia

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