Wie Intuition den Unterschied macht

Wenn ich an die Menschen denke, mit denen ich arbeite, stelle ich mir oft vor, wie sie zu Hause sind: Lachend mit ihren Kindern, tief in Gesprächen mit Freunden, und in diesen Momenten handeln sie so … intuitiv. Sie wissen ganz genau, was sie sagen oder tun sollen.

Aber sobald sie das Büro betreten oder sich in den geschäftigen Strudel ihres Berufslebens stürzen, ändert sich etwas. Das Vertrauen in diese innere Stimme schwindet ein wenig.

Und in wirklich heiklen Situationen? Wenn der Druck einer Vertragsverhandlung oder eines wichtigen Meetings auf ihnen lastet?

Nun, dann rückt diese innere Stimme oft komplett in den Hintergrund. Statt auf ihre Intuition zu hören, klammern sie sich an den logischen, rationalen Teil ihres Verstandes – in der Hoffnung, dass er sie sicher durchführt. Sie denken, wenn sie alles bis ins kleinste Detail planen, könnten sie nicht scheitern.

Aber leider funktioniert das so nicht. Dieses Missverständnis wurde mir besonders während eines Workshops bewusst.

Ein Workshop, der nicht nach Plan läuft

Viele Jahre lang hielt ich einmal pro Monat einen Workshop „Kreativität im Business“ vor Selbstständigen. Meistens verließen die Teilnehmer:innen inspiriert und voller frischer Ideen den Raum.

Doch dann gab es diesen einen Workshop, der mir wohl immer in Erinnerung bleiben wird.

Aus welchen Gründen auch immer, hatte sich eine sehr negative Gruppendynamik entwickelt. Die Teilnehmer:innen waren nicht motiviert, spielten mit ihren Handys, es gab äußerst kritische Zwischenfragen und ich hatte wirklich das Gefühl, ich stehe einer Wand gegenüber, durch die ich nicht durchkam.

„Ich kann das“, dachte ich mir und klammerte mich an meine Workshop-Inhalte, ging von einem Thema zum nächsten, in der Hoffnung, dass der Strom an Wissen, Informationen und Übungen die wachsende Unruhe besänftigen würde.

Dem war aber nicht so. Die Stimmung im Raum heizte sich immer mehr auf und ganz ehrlich – ich wusste nicht, warum und wusste auch nicht, was ich tun sollte.

Ich war zwar äußerlich ruhig, aber in mir brodelte es. In der Mittagspause eilte ich aus dem Gebäude und setzte mich an den nahen Fluss. Ich war erschöpft, frustriert und auch wütend.

„Warum können sie nicht sehen, wie sehr ich mich bemühe? Ich gebe mein Bestes, warum honorieren sie das nicht? Wieso feinden sie mich so an?“

So saß ich eine ganze Weile auf einer Bank, stopfte mein Mittagessen in mich hinein und tat mir vor allem furchtbar leid.

Es ist nichts Persönliches

Da ich aber wusste, dass ich gleich wieder zurück musste, nahm ich ein paar tiefe Atemzüge und versuchte mich zu beruhigen.

Und dann, wie aus dem Nichts, spürte ich einen Ruck in mir. Es war, als ob die Mauer, die sich in den letzten Stunden in mir aufgebaut hatte, plötzlich zu bröckeln begann.

Ich sah plötzlich ganz klar, dass ich so an meinen Inhalten und Abläufen festgehalten hatte, dass ich auf die Störungen, die es in dem Raum gab, nicht eingehen konnte.

Ich sah die Zwischenrufe als einen Angriff auf mich. Ich dachte, sie würden mich davon abhalten, meinen Plan durchzuziehen, dass sich die Teilnehmer:innen keine Mühe gaben, zu verstehen, was ich ihnen beibringen wollte.

An diesem Punkt erkannte ich eine wichtige Wahrheit: Es war nichts Persönliches. Es ging nicht um mich und meine Inhalte.

Und mit einem Mal wusste ich auch ganz genau, was ich zu tun hatte.

Ich kehrte in den Raum zurück und setzte mich zu den Teilnehmer:innen in den Kreis. Ich legte alle Inhalte, jegliches Wissen, das ich vermitteln wollte, zur Seite und begab mich in Kommunikation mit ihnen. Wollte spüren und verstehen, was da los war.

Wie geht es ihnen? Was brauchen sie? Was beschäftigt sie gerade?

Und dann erfuhr ich, dass die Mutter einer Teilnehmerin im Spital liegt. Sie könne zwar jetzt nichts tun, aber mit ihren Gedanken immer bei ihr war. Eine andere erzählte mir, dass sie gestern einen großen Auftrag verloren hatte und sie nicht wisse, ob ihr Business das übersteht. Eine Dritte hatte in der Früh einen riesigen Krach mit ihrem Partner und sie war noch immer so aufgewühlt ist, dass sie sich auf nichts anderes konzentrieren konnte.

Nichts von all dem hatte auch nur das Geringste mit mir oder mit dem Workshop zu tun. Mir wurde auch klar, dass ich den ganzen Vormittag mit meinen eigenen Gedanken und Stimmungen beschäftigt war und dadurch nicht auf die Gruppe eingehen konnte.

Die Macht des Zuhörens und Loslassens

Während meiner Coaching-Ausbildung lernte ich einen wichtigen Grundsatz kennen: „Störungen haben Vorrang.“

Heute würde ich es vielleicht anders ausdrücken und sagen, dass wir „in unseren Gedanken gefangen“ sind. Das ist der Schlüssel, um zu verstehen, wie unser menschliches System funktioniert.

Wenn wir so in unseren Gedanken gefangen sind, blenden wir alles andere aus. In unserem Kopf rattert es und die gedankliche Nebelwand wird immer dichter.

Das Resultat: Unsere Stimmung sinkt, wir fühlen uns schlecht und alles, was passiert, nehmen wir persönlich.

Dabei übersehen wir oft das Offensichtliche. So haben die Teilnehmer:innen nicht erkannt, dass der Workshop weder der Grund für ihre momentane Befindlichkeit war noch, dass er die Antworten auf ihre Probleme bieten konnte.

Und ich habe den Fehler gemacht, die negative Stimmung persönlich zu nehmen, was meiner Laune natürlich nicht guttat.

Erst als es mir gelang, ein paar Schritte zurückzutreten und die Person „Silvia“ aus dem Spiel zu nehmen, hatte ich wieder Zugriff zu einem tieferen Wissen, zu meiner Intuition.

Und die sagte mir ganz klar, dass alles, was bei mir am Plan stand – das Vermitteln von Wissen und Inhalten – gerade fehl am Platz war.

Stattdessen war es an der Zeit, zuzuhören, den Teilnehmer:innen Raum zu geben und ihnen dadurch zu ermöglichen, aus ihrem eigenen Gedanken-Nebel wieder aufzutauchen.

Die Stärke der Intuition zeigt sich in schwierigen Situationen

Letztendlich war dieser Workshop einer der besten, den ich je geleitet hatte. Nicht, weil ich besonders herausragend war, sondern weil ich gelernt habe, mich und meine Gedanken in den Hintergrund zu stellen. Ich habe auf meine Intuition gehört, die mir deutlich zeigte, was in diesem speziellen Moment zu tun war.

Es war auch der letzte Workshop, den ich streng nach „Plan“ durchführte. Heute habe ich zwar eine Grundidee, worüber ich sprechen will, aber wie sich alles entfaltet, bleibt offen. Ich vertraue darauf, im richtigen Augenblick zu wissen, was ich tun oder sagen soll.

Jeder Workshop, jedes Training und jedes Coaching, das ich seitdem durchführe, ist einzigartig. Ich gehe unvoreingenommen hinein, bereit für das Unerwartete.

Das gibt mir nicht nur eine erfrischende Freiheit, sondern sorgt auch dafür, dass jede Begegnung lebendig und besonders wird.

Natürlich sind Wissen, Informationen, Strategien und Pläne wichtig. Sie bieten uns eine Art Landkarte, die uns den Weg weist. Läuft alles nach Plan, dann benötigen wir auch nicht mehr.

Tauchen jedoch Hindernisse auf, reicht die Karte allein nicht aus.

Denn die echte Reise unterscheidet sich von der Karte. Darin ist der riesige Baum nicht eingezeichnet, der den Weg unpassierbar macht und wir eine Ausweichroute benötigen. Dort scheinen die Menschen nicht auf, die wir unterwegs treffen und vielleicht unsere Hilfe benötigen. Es sind auch nicht die Rückenschmerzen markiert, die uns nach einem anstrengenden Anstieg quälen und uns zur Pause zwingen.

Es ist nicht der Verstand, der uns aus kritischen Situationen hilft, der ist meist damit überfordert und stößt an seine Grenzen. Gerade in den stürmischen Zeiten unseres Lebens, wenn Unsicherheit und Zweifel uns umgeben, ist es unsere Intuition, die uns Orientierung bietet.

Sie passt sich flexibel an den gegenwärtigen Moment an, nimmt die Herausforderungen an und zeigt uns Lösungen, die wir mit bloßem Verstand nicht gesehen hätten.

Wie geht es dir in schwierigen Situationen? Vertraust du auf deine Intuition, darauf, dass die richtigen Antworten zu dir kommen oder versuchst du dann erst recht strikt nach Plan vorzugehen?

Hattest du schon einmal so eine schwierige Situation? Wie bist du vorgegangen?

Hinterlasse einen Kommentar und erzähle mir von deinen Erfahrungen. Ich freue mich, von dir zu lesen.

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